Steht der Flohkrebs Themisto gaudichaudii in den Startlöchern um Krill aus dem sich erwärmenden Teil des Südpolarmeeres zu verdrängen?

Antragsteller

Professor Dr. Wilhelm G. Hagen, seit 4/2019
Universität Bremen
Fachbereich 02: Biologie und Chemie
Arbeitsgruppe Marine Zoologie

Projektbeschreibung

Während der letzten Jahrzehnte wurden in dem sich erwärmenden atlantischen Sektor des Südpolarmeeres Veränderungen in den Abundanzen wichtiger Schlüsselkomponenten des Zooplanktons festgestellt. Der Rückgang des Antarktischen Krill wird insbesondere bottom-up-Prozessen zugeschrieben, wie Veränderungen von Phytoplankton¬blüten und der Ausdehnung des Meereises. Zeitgleich expandieren die Salpen in diesen Regionen nach Süden, die wärmere Temperaturen aufweisen. Der Flohkrebs Themisto gaudichaudii, eine dritte Schlüsselart des Pelagials, ist ein weiterer Kandidat, der sein Verbreitungsgebiet polwärts ausdehnen könnte. Während der Krill mit kälteren Wassermassen assoziiert wird, erstreckt sich das Verbreitungsgebiet von T. gaudichaudii von subtropischen Auftriebssystemen bis zur Antarktis. Eine zunehmende Überschneidung der Verbreitungsgebiete dieser drei Arten wird erhebliche Auswirkungen auf die Struktur antarktischer Nahrungsnetze und biogeoche¬mischer Zyklen haben. Allerdings ist bisher nur wenig über die Konsequenzen und das Ausmaß dieser hypothetischen Ausdehnung des Verbreitungsgebietes von T. gaudichaudii bekannt, weshalb die Zielsetzung des laufenden Projektes die Untersuchung der Genetik und der trophischen Konnektivität dieser Art gewesen ist. Die molekularen Ergebnisse haben gezeigt, dass T. gaudichaudii drei genetische Linien aufweist, die sich in ihrer Verbreitung überschneiden. Diese Linien werden durch ihre genetische Homogenität über weite latitudinale und ökologische Gradienten hinweg charakterisiert, weshalb eine Ausdehnung des Verbreitungsgebiets als wahrscheinlich gilt. Fraßexperimente zeigten, dass sowohl Krill als auch Salpen T. gaudichaudii als Nahrung dienen. Nahrungspräferenzen und mögliche regionale Unterschiede werden derzeit mittels etablierter molekularer Methoden quantifiziert. Aufgrund der bisher erzielten Resultate hinsichtlich der genetischen Homogenität von T. gaudichaudii im Südwesten des atlantischen Sektors wird eine weiterführende Studie beantragt. Sie soll aufklären, ob die phänotypische Plastizität von Individuen verschiedener Populationen sich bezüglich ihrer Temperaturtoleranzen unterscheidet. Durch die Erstellung eines Profils des gesamten Transkriptoms mittels RNA-Sequenzierung sollen Unterschiede in den Anpassungsstrategien auf Populationsniveau untersucht werden. Die Genexpres¬sions-muster von Individuen unterschiedlicher Populationen unter thermischem Stress sollen dazu verglichen werden. Hierbei soll die Population der Antarktischen Polarfront mit der Population der Antarktischen Halbinsel vergleichend analysiert werden. Die daraus ermittelten Ergebnisse werden zeigen, wie stark die Populationen mit den jeweiligen Wasser¬massen assoziiert sind und inwiefern das Akklimatisierungspotential und die Adaptations¬kapazität mit den lokalen Bedingungen verknüpft sind. Diese Ergebnisse werden wesentliche Einblicke in die Ausbreitungsdynamik eines potentiellen Gewinners des Klimawandels im Südpolarmeer geben.

DFG-Verfahren: Infrastruktur-Schwerpunktprogramme

gefördert von 2015 bis 2020