Die Sensitivität des Ostantarktischen Eisschildes unter kritischen Bedingungen, untersucht mittels einer Kombination fokussierter geophysikalischer Methoden

Antragsteller:innen

Professor Dr. Karsten Gohl

Alfred-Wegener-Institut
Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung
Fachbereich Geowissenschaften
Sektion Geophysik

Professor Dr. Sebastian Krastel

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Institut für Geowissenschaften
Arbeitsgruppe Marine Geophysik und Hydroakustik

Projektbeschreibung

Das seit langem geltende Paradigma, dass der ostantarktische Eisschild (EAIS) relativ stabil ist, während der westantarktische Eisschild durch den derzeit fortschreitenden Klimawandel gefährdet ist, wird zunehmend in Frage gestellt. Der ostantarktische Eisschild um den Denman-Gletscher im Davis-See-Sektor des südlichen Indischen Ozeans wurde kürzlich als potenziell instabil charakterisiert. Dies ist für künftige Klima- und Meeresspiegelprognosen von großer Bedeutung, da der potenzielle Eismassenverlust des Denman-Gletschers und der damit verbundenen Eismassen in seinem Einzugsgebiet zu einem Meeresspiegelanstieg von 1,5 bis zu 2 m beitragen würde. Aufzeichnungen über das Verhalten des Denman-Gletschers in vergangenen Warmzeiten werden Aufschluss über diese Anfälligkeit geben. Zu den grundlegenden Daten, die für eine Bewertung des Verhaltens des EAIS in der Vergangenheit erforderlich sind, gehört eine Kartierung und Analyse der glazial-marinen Sedimente auf dem Schelf und dem Kontinentalhang, da sie Archive der vergangenen Eisschilddynamik darstellen. Umfassende hydroakustische und seismische Untersuchungen auf dem Kontinentalschelf vor den Denman und benachbarten Gletschern, die während der Polarstern-Expedition PS141 Anfang 2024 durchgeführt werden sollen, werden die Daten für dieses Projekt liefern. Die seismisch stratigraphische Analyse, die zur chronostratigraphischen Kontrolle an existierende Bohrungen angeschlossen wird, wird die Analyse der Muster der durch Gletscher transportierten Sedimente von der Erosion bis zur Ablagerung erlauben und somit eine Quantifizierung der Phasen der großen Eisschild-Bewegungen ermöglichen. Die Kombination der verschiedenen seismischen Aufnahmesysteme wird es erlauben, glaziale Strukturen in verschiedenen Tiefen mit optimaler Auflösung abzubilden. Darüber hinaus werden die durch die tiefe Seismik abgebildeten Grundgebirgsstrukturen tektonische Lineamente und Verwerfungen sowie ehemalige Auflagepunkte/flächen des Eisschildes bzw. Schelfeises erkennen lassen, die auf mögliche Ausdehnungen von Riftbecken hinweisen, die später als Wegsamkeiten für Eisströme dienten. Die Hauptarbeit soll von zwei Doktorand*innen geleistet werden, die sehr eng zusammenarbeiten werden, da sich die verschiedenen hydroakustischen und seismischen Datensätze gegenseitig ergänzen. Die Rekonstruktion der Gletscherdynamik, insbesondere in vergangenen Warmzeiten, z.B. dem Oligozän, dem mittleren Miozän, dem Pliozän und den letzten Interglazialen sowie dem Rückzug nach dem letzten Glazialen Maximum, wird zur Parametrisierung von Paläo-Eisschildmodellierungssimulationen verwendet werden. Ziel ist es, die Anfälligkeit des ostantarktischen Eisschildes in Warmzeiten im Vergleich zu Beobachtungen und Modellen für den westantarktischen Eisschild aufzuzeigen. Die Ergebnisse dieses Projekts werden dazu beitragen, die Vorhersagen über das künftige Verhalten des ostantarktischen Eisschilds auf ein neues Niveau zu heben.

DFG-Verfahren Infrastruktur-Schwerpunktprogramme

Förderung seit 2023