Wechselwirkung zwischen Massenänderungen des Antarktischen Eisschilds und fester Erde in Dronning-Maud-Land, Ostantarktis
Antragsteller
Dr.-Ing. Mirko Scheinert
Technische Universität Dresden
Institut für Planetare Geodäsie
Professur für Geodätische Erdsystemforschung
Projektbeschreibung
Mittels geodätischer GNSS-Messungen soll die Deformation der Erdkruste in Dronning-Maud-Land, Ostantarktika, in einer höheren räumlichen Auflösung und über einen Zeitraum von teilweise mehr als 20 Jahren bestimmt werden. Die Reaktion der festen Erde auf gegenwärtige und vergangene Eismassenänderungen, nämlich die sofortige elastische Reaktion bzw. der glazial-isostatische Ausgleich (GIA), soll abgeschätzt werden. Dafür werden in konsistenter Weise neueste Erkenntnisse zur rheologischen Erdstruktur genutzt. Schließlich werden die aus den GNSS-Messungen, aus der Kombination von Satellitendaten und aus der Modellierung erhaltenen GIA-Schätzungen verglichen, um zu einem besseren Verständnis über die Wechselwirkung zwischen der Kryosphäre und der festen Erde mit Fokus auf das Dronning-Maud-Land zu gelangen.Der glazial-isostatische Ausgleich verursacht nach wie vor die größte Unsicherheit bei der satellitengravimetrischen Bestimmung der Massenbilanz des Antarktischen Eisschilds. Die einzige direkte Bestimmung des GIA-Effekts ist nur mit Hilfe geodätischer GNSS-Messungen auf Fels möglich. Das antarktisweite Muster dieser Deformation ist allerdings nicht einheitlich. Dronning-Maud-Land bildet eines der Gebiete, wo relativ kleine Deformationen erwartet werden, bisher aber nur durch wenige GNSS-Messungen bestimmt wurden. Die Gruppe des Antragstellers begann bereits 1995, geodätische GNSS-Kampagnen in Dronning-Maud-Land durchzuführen. Diese Messungen wurden vorrangig zwischen 2001 und 2005 räumlich ausgedehnt und erfassen ein Gebiet von ungefähr 71° bis 75°S und 13°W bis 14°O. Die meisten der Messstationen liegen in den in einem Abstand von ca. 100 bis 200 km parallel zur Küste verlaufenden Gebirgszügen. Angesichts des langen Zeitraums von mehr als 20 Jahren ist es wissenschaftlich höchst sinnvoll, diese geodätischen GNSS-Messungen zu wiederholen. Die (linearen) vertikalen Deformationsraten können dabei mit einer Genauigkeit von wenigen mm/a abgeleitet werden und sollen nachfolgend als Randbedingung einer verbesserten GIA-Bestimmung dienen. Der GIA-Effekt wird durch zwei Methoden geschätzt: Erstens ermöglicht die Kombination von Satellitenaltimetrie und -gravimetrie eine empirische Schätzung von Eismassenbilanz und GIA. Zweitens wird in enger Kooperation mit Kollegen am AWI die rheologische Erdstruktur inklusive lateraler Variationen untersucht und für die GIA-Prädiktion genutzt. Dabei wird besonderes Augenmerk darauf gelegt, höchstmögliche Konsistenz zu gewährleisten, z.B. bei der Nutzung der effektiven elastischen Lithosphärendicke. Damit soll insgesamt zur aktuell andauernden Diskussion beigetragen werden, inwieweit die physikalischen Prozesse im Erdinneren in ihrer Komplexität besser erfasst werden können, und wie wir unser Verständnis der Wechselwirkung zwischen Eismassenänderung und fester Erde, die sich in GIA und resultierender Meeresspiegeländerung äußert, verbessern können.
DFG-Verfahren: Infrastruktur-Schwerpunktprogramme
Internationaler Bezug: Antarktis
Mitverantwortliche: Dr. Graeme Eagles; Professor Dr. Wilfried Jokat; Dr. Ingo Sasgen