Marines Schelf-Eis aus dem Filchner-Rönne Schelf: Ein schlafender Riese aus Eisen

Antragsteller

Dr. Torben Stichel, Ph.D.
Alfred-Wegener-Institut
Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung
Fachbereich Geowissenschaften
Sektion Marine Geochemie

Projektbeschreibung 

Die biologische Produktivität im Südpolarmeer (SPM) – sowie in den übrigen Weltmeeren – ist abhängig von der Verfügbarkeit von Nährstoffen. Während die Hauptnährstoffe, wie Nitrat, Phosphor oder Silikat, mehr als reichlich im SPM vorkommen, fehlen dort in weiten Gebieten wichtige sogenannte Mikronährstoffe für die Nutzung der Hauptnährstoffe. Es gibt daher Regionen im SPM mit unterschiedlich hoher Produktivität. Die Regionen mit relativ hoher Produktivität scheinen an der Verfügbarkeit von Mikronährstoffen, wie Eisen und Mangan, gebunden zu sein. Ein Beispiel hierfür ist die Westseite der Antarktischen Halbinsel, wo Sedimente diese Nährstoffe oberflächennah im Wasser freisetzen können. Auf der östlichen Seite der Halbinsel, im Weddellmeer, kommen in periodisch eisfreien Bereichen enorme Algenblüten vor, die auf hohe Produktivität schließen lassen, und die das örtliche Ökosystem prägen. Diese Produktivität muss an eine bislang nicht belegbare Mikronährstoffquelle gekoppelt sein.Vorläufige Daten, deuten darauf hin, dass sogenanntes marines Eis, wie man es auch von „grünen Eisbergen“ kennt und sich unter dem Filchner-Rönne Schelfeis befindet, bis zu tausend mal mehr Eisen und Mangan enthält, als es gelöst im Oberflächenwasser des Weddellmeeres vorkommt, und das somit als Quelle für diese Nährstoffe infrage käme. Marines Eis entsteht durch einen Anfrierungsprozess unterhalb der Schelfeiskante, die durch Gletscherbewegung von Land auf das Meer geschoben wird. Der Prozess ergibt sich zunächst aus einem Antauen des Schelfeises am Übergang vom Kontinent zum Meer. Dadurch süßt sich das umliegende Meerwasser aus und es entstehen kleine Eisplättchen. Diese steigen auf, lassen Partikel an sich haften, und frieren dann als luftblasenfreies marines Eis unterhalb des Schelfeises fest. Dieser Prozess läuft über Hunderte von Jahren, sodass sich eine bis zu 200 m mächtige marine Eis-Schicht bildet. Durch das Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven habe ich Zugriff auf 2 Eiskerne aus dem Filchner-Ronne Eisschelf im südlichen Weddellmeer, die in den unteren Teilen aus einer etwa 60 bzw. 165 m langen Abfolge von marinen Eis bestehen. Die weite geographische Ausdehnung des marinen Eises unterhalb des Eisschelfs ist durch seismische Messungen belegt. Ich beantrage die vorliegenden Eiskerne geochemisch zu untersuchen um herauszufinden, ob marines Eis eine vorher vernachlässigte Nährstoffquelle für die Produktivität im Weddellmeer und auch im gesamten Südpolarmeer sein kann. Hierfür werde ich sowohl gelöste Spurenmetalle - insbesondere Eisen und Mangan - als auch die partikuläre Zusammensetzung im Eis bestimmen. Ich werde hierfür unterschiedliche Analyse-Verfahren, wie Massen- und, Emissionspektrometrie und Elektronenmikroskopie verwenden. Mithilfe dieser Verfahren, werde ich unter anderem die geochemische Zusammensetzung von marinem Eis bestimmen, dessen Potenzial als wichtige Nährstoffquelle evaluieren und den Ursprung der Spurenmetall-Anreicherung bestimmen können.

DFG-Verfahren: Infrastruktur-Schwerpunktprogramme

geförtert seit 2020